Krankheiten

Gnitzen als Plageerreger

In einigen Landschaftsstrukturen, z. B. in Strandnähe und Mooren, treten Gnitzen nicht selten in hoher Dichte auf. Die Anzahl der Larven im Boden kann lokal bei über 10.000 pro Quadratmeter Fläche liegen. Ein Massenaufkommen kann infolge der Stechaktivität der weiblichen Gnitzen sowohl die Land- und Forstwirtschaft, als auch den Tourismus stark behindern oder sogar zum Erliegen bringen, da der Aufenthalt im Freien in dieser Zeit kaum möglich ist. Gnitzen können daher eine große wirtschaftliche Bedeutung haben.

Der kurze Rüssel der Gnitzen-Weibchen besitzt kräftige Stechborsten, die die Haut eines Wirtstieres penetrieren können. Dabei werden Blutgefäße beschädigt, so dass z.T. stark blutende Wunden entstehen. Die Blutaufnahme dauert meist einige Minuten, wobei die Gnitzen mehrfach einstechen. In den meisten Fällen führt der Stich zu starken Hautreaktionen mit Juckreiz und Quaddelbildung, gelegentlich zu schmerzhaften Erythemen, Ödemen, Bläschenbildung und allergischen Reaktionen. Wie bei Stichen anderer blutsaugender Gliedertiere, können sekundäre Reaktionen stark von mechanischen Einwirkungen, wie Kratzen und Reiben an der Einstichstelle, und dem Immunstatus des Betroffenen abhängig sein.

Bei einem massenhaften Auftreten und Anflug von Gnitzen kommt es bei Weidetieren zu mehr oder weniger starken Abwehrbewegungen bis hin zu großer Unruhe. Dies ist auch der Fall, wenn Gnitzen in Stallungen einfliegen. Dort halten sie sich oft in großer Anzahl im Fensterbereich auf. Bei Weidetieren bevorzugen sie zur Blutaufnahme kapillarreiche Körperregionen am Bauch, Rücken und Kopf (insbesondere Augenregion, Hals und Stirn). Die befallenen Körperregionen weisen nadelstichartige Blutungen (Petechien) in der Haut oder im Unterhautbindegewebe auf. An der betreffenden Körperstelle tritt wenige Minuten nach dem Stich ein starker Juckreiz auf, und es bildet sich ein Ödem. Subkutane Ödeme sind häufig am Kehlgang, am Triel, in der Bauch-, Euter, Skrotal- oder Vulvaregion zu finden. An den Einstichstellen bilden sich blutverschmierte und verkrustete Hautflächen unterschiedlicher Größe. Allgemeine Symptome treten meist sofort auf: Nervosität, Mattigkeit, Fressunlust und Gleichgewichtsstörungen. Des Weiteren kann es zu Temperaturerhöhungen, Entzündungen der Einstichstellen, Hautirritationen und starken Einblutungen ins Unterhautbindegewebe kommen.

CeratoVir Gnitzen ZALF FLI
Culicoides spec. bei der Blutaufnahme
Gnitze Trenner Element

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Gnitzen als Überträger von Krankheitserregern

In vielen Regionen der Welt sind Gnitzen an der Übertragung von Krankheitserregern von Mensch und Tier beteiligt. Sie können Viren, höhere Einzeller (Protozoen) und Fadenwürmer (Filarien) übertragen. Hier spielen Arten der Gattung Culicoides eine herausragende Rolle. Von ca. 1.300 Culicoides-Arten weltweit sind ca. 96% obligate Blutsauger an Säugetieren (einschließlich des Menschen) und Vögeln. Während der Mensch nur für das von Gnitzen übertragene Oropouche-Virus empfänglich ist, stellen die mit Gnitzen assoziierten Krankheitserreger in der Tierhaltung und ‑zucht, vor allem bei Wiederkäuern, Equiden (Pferdeartigen) und Nutzgeflügel ein großes Problem dar, da die Erkrankungen z. T. mit hoher Morbidität und Mortalität einhergehen. Während das humanpathogene Oropouche-Virus in Lateinamerika, das Afrikanische Pferdesterbe-Virus in Afrika und die Geflügel-pathogenen Leucozytozoon-Parasiten in Asien endemisch sind, kommen die Wiederkäuer-pathogenen Viren der Blauzungenkrankheit, der Schmallenberg-Krankheit und der Epizootischen Hämorrhagie der Hirsche (und anderer Wiederkäuer) in weiten Teilen der Welt, so auch in Europa, vor. In Mitteleuropa gelten die Arten des C. obsoletus-Komplexes (z.B. C. obsoletus, C. scoticus, C. chiopterus) sowie des C. pulicaris-Komplexes (z.B. C. pulicaris) als wichtigste Vektoren, obwohl ein klarer experimenteller Beweis ihrer Vektorkompetenz (Übertragungsfähigkeit) noch aussteht, da die Arten nicht für Infektionsversuche gezüchtet werden können.

Blauzungenkrankheit

Die Blauzungenkrankheit ist eine Viruserkrankung von Wiederkäuern, die akut, seuchenhaft und saisongebunden verläuft. Das Blauzungenvirus (BTV) tritt mit über 30 Serotypen auf, die in ihrer Virulenz z. T. unterschiedlich sind.
Neben hochvirulenten Typen sind Stämme bekannt, die bei bestimmten Wirtstierspezies asymptomatische Infektionen hervorrufen.
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Schmallenberg-Krankheit

Nach einer Erkrankungswelle bei Rindern in Westdeutschland im Jahr 2011 wurde nach detektivischer genetischer Kleinarbeit ein völlig neues Virus entdeckt: das Schmallenberg-Virus (SBV). Bei adulten Wiederkäuern bleibt es üblicherweise asymptomatisch.
Akute Infektionen können allerdings milde Symptome, wie Fieber, Durchfall oder Milchrückgang, verursachen.
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Epizootische Hämorrhagie der Hirsche

Die Epizootische Hämorrhagie der Hirsche (EHD) ist eine virale Infektionskrankheit bei Wiederkäuern und gehört zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen. Die Erkrankung tritt besonders bei Weißwedelhirschen in Nordamerika auf und verursacht dort auch deutliche klinische Erscheinungen.
Aber auch Rinder können klinisch erkranken, Ziegen und Schafe sind gar nicht oder nur ganz schwer infizierbar.
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Krankheitsvorbeugung und Gnitzen-Bekämpfung

Obwohl seit langem die Vektorkompetenz von Gnitzen für diverse Krankheitserregern bekannt ist, gibt es keine wirksamen Strategien zu ihrer Kontrolle. Zur Krankheitsvorbeugung gehört ein adäquates Stallmanagement mit planmäßiger Insektenbekämpfung, weil meist auch dung- oder güllebrütende Arten im Schadgebiet nachweisbar sind. Schwierigkeiten ergeben sich u.a. aus der Unkenntnis der oft weit verbreiteten und diffusen Bruthabitate der larvalen Stadien, aus der Wiederbesiedlung durch adulte Mücken von bereits mit Insektiziden behandelten Flächen sowie aus den unterschiedlichen Bedingungen in den Stallungen.

Die Übertragung des BTV von der Gnitze auf das Säugetier erfolgt sehr effizient. Der Stich einer einzigen infizierten Gnitze reicht aus, um eine Infektion zu setzen. Daher ist es bisher nicht möglich, Säugetiere durch Applikation von Insektiziden oder Repellentien (Insektenabwehrmitteln) sicher zu schützen.

In ausgewiesenen Schadgebieten sollten Aktivitäten des Menschen im Freien, einschließlich Außenarbeiten von Landwirten, Förstern, Fischern und ähnlichen Berufsgruppen während der Flugaktivität der Gnitzen auf ein notwendiges Minimum beschränkt werden. Der vorschriftsmäßige Einsatz von Repellentien kann zu ihrer kurzfristigen Fernhaltung beitragen.

Ähnlich wie bei den Stechmücken kann man sich auch durch lange, derbe und imprägnierte Kleidung vor Gnitzen sinnvoll schützen. Da die Gnitzen bevorzugt am Rand der Hosenbeine, der Ärmel oder am Kragen- bzw. Halsausschnitt saugen bzw. von dort aus unter die Kleidung zu weichhäutigen Körperregionen vordringen, sind geschlossene und anliegende Hosen, Jacken und geschlossene Schuhe empfehlenswert. Der Kopfbereich sollte durch eine Kopfbedeckung geschützt werden, da dünnhäutige, kapillarreiche Körperpartien im Kopfbereich (z. B. Augenregion, Stirn, Bereiche unterhalb des Haaransatzes, Ohren und Halspartien) zu den bevorzugten Einstichstellen gehören.

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